POP UNIVERSELL LEIPZIG

Panel: Ich scheiß auf Deine Biographie

Samstag, 8. Mai 2010, 15 Uhr: Ich scheiß auf Deine Biographie
Auch wenn die Mützen variieren

[audio: http://www.leipzig-popup.de/stuff/2010/panelmitschnitte/popup2010_panel_authentizitaet.mp3]

Download popup2010_panel_authentizitaet.mp3 [1]

Videomitschnitt bei make.tv anschauen! [2]

Auf der diesjährigen (Pop Up wurde heute der Gegensatz zwischen Kunstfiguren und authentischen Künstlerpersönlichkeiten diskutiert. Dazu hatten die (Pop Up-Macher eine ganze Reihe Gäste eingeladen: Torsten Seif (Buback Records, Manager der Band Deichkind), Dr. Ralf von Appen (Musikwissenschaftler), Theresa Stroetges (Künstlerin, Musikwissenschaftlerin), Amos (Imperator of Pop) und Rummelsnuff (Künstler), durch das sehr lebendige Gespräch führte der Journalist Stefan Mühlenhoff.

Amos, der sich selbst als Kunstfigur versteht, stellte gleich zu Anfang die Frage, ob denn die Verkörperung von Authentizität ausschließlich positiv zu bewerten sei: Schließlich sei es ja auch Aufgabe des Künstlers, zu unterhalten. Eine Kunstfigur erlaube außerdem vielfach größere Freiheit als die authentische Darstellung der eigenen Persönlichkeit: „Du musst nicht laufend checken: Würde ich das tun?, und kannst eine Idee viel konsequenter verfolgen.“ , so der Imperator of Pop. Er sagte, dass aber auch Kunstfiguren nur dann glaubhaft und erfolgreich dargestellt werden können, wenn sie eine Facette der Persönlichkeit des Künstlers darstellen würden.

Der Musikwissenschaftler Ralf von Appen wies darauf hin, dass Authentizität angesichts der medialen Vermitteltheit der Künstler ohnehin nur sehr eingeschränkt möglich sei. Einigkeit herrschte recht schnell darüber, dass Authentizität vor allem eine Zuschreibung durch die Fans ist. „Man interpretiert als junger Fan in die Künstler hinein, dass sie leben, was sie sagen“, sagte Torsten Seif.

Rummelsnuff hingegen, der die Bühne etwas später als die anderen Diskutanten, dafür aber mit einer Live-Performance betrat, erklärte, er würde sich nicht als Kunstfigur sehen. „Das ist keine Inszenierung, das ist das, was aus mir herauskommt.“, sagte er. Und: „Ich halte mich für authentisch – auch wenn die Mützen variieren.“

Auch Theresa Stroetges betonte, dass Authentizität vor allem Zuschreibung sei, und an der Frage hänge, ab sich die Fans mit dem Künstler Identifizieren könnten. Am Beispiel der Band Radiohead zeigte sie drei Faktoren auf, die das Bild von Authentizität prägen würden: Identifikation, persönliches Leiden und Verweigerung dem Kommerz gegenüber. Dies seien aber ebenfalls Zuschreibungen.

So habe Radiohead-Sänger Thom Yorke in einigen Interviews sogar bestritten, authentisch zu sein, was aber seine Glaubwürdigkeit in den Augen seiner Fans nur erhöht habe. Und auch die Kommerzverweigerung sei, so Schulke, letztlich nur ein Verkaufsargument. Deichkind-Manager Seif bemerkte, dass ab einer gewissen Größenordnung der Begriff authentisch auch nur Marketing sei.

Ralf von Appen fasste ein Teilergebnis zusammen: „Womit wir uns identifizieren können, wird als authentisch wahrgenommen.“ In einer zunehmend unsicheren Welt, gebe es eine gesteigerte Nachfrage nach Authentizität, allerdings aufgrund der medialen Vermittlung von Künstlern zunehmend weniger Angebote. Auch Castingshows wie DSDS seien dazu da, Authentizität zu vermitteln – selbst wenn keine da sei.


URL: http://popuniversell.de/panel-ich-scheis-auf-deine-biographie/

URLs in this post:

[1] Download popup2010_panel_authentizitaet.mp3: http://www.leipzig-popup.de/stuff/2010/panelmitschnitte/popup2010_panel_authentizitaet.mp3

[2] Videomitschnitt bei make.tv anschauen!: http://make.tv/popup/show/43203

Copyright © LEIPZIG POP UP. Alle Rechte vorbehalten. www.leipzig-popup.de